ANDACHT

Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete? 

Monatsspruch April, Lk 24:32

Ostern, der Osterglaube ist der Dreh- und Angelpunkt des christlichen Glaubens.

Alljährlich streite ich mit Konfirmanden darüber, ob Ostern oder Weihnachten das wichtigste Fest der Christen sei. Weihnachten werde doch viel größer gefeiert, mehr Geschenke, mehr Leute in der Kirche, auch ein Osterspiel gibt es eben nur in der Kreuzkirche frühmorgens, ein Krippenspiel überall in Sachsen. Und ohne Geburt hätte Jesus nicht auferweckt werden können, stimmt. Aber geboren wurde jeder Mensch, auferstanden ist nur einer.
Dass Gott Mensch wurde, war zuvor völlig unvorstellbar und ist heute noch für viele Menschen in oder außerhalb der Kirche nur ein theologischer Lehrsatz, der für das tägliche Leben eine eher begrenzte Bedeutung hat. Dass aber der Tod besiegt ist, dass damit nicht alles aus ist, daran kommt kein Mensch vorbei. Der Tod betrifft uns alle existentiell. Und allein die Behauptung der Gebrochenheit seiner Macht lässt keinen unberührt.
Bleibt nur die Frage der Historizität, ob es denn überhaupt sein kann, dass das so geschehen ist, dass Jesus wirklich auferstanden ist. Bei allen anderen Wundergeschichten des Neuen Testamentes kann man immer auch eine symbolische oder übertragene Deutung gelten lassen. Nicht die Blindenheilung vor 2000 Jahren ist entscheidend, sondern dass der Glaube an Jesus auch heute noch Augen öffnen und Schwarzseher zu Hoffenden machen kann. Ostern aber ist der Ernstfall. Jesus ist nicht im Tod geblieben, daran führt kein Glaubensweg vorbei. Es hätte keine weltweite Kirche entstehen können auf Grundlage einer erfundenen Erzählung. Es muss einfach so geschehen sein, wie es die Bibel erzählt.
Aber was erzählt sie denn genau? Die Kreuzigung, das Sterben Jesu wird geradezu minutiös geschildert. Die Auferweckung aber – gar nicht. Nur das Finden des leeren Grabes wird berichtet, was nun gar nicht als Beweis herangezogen werden kann. Und die Zeugen dafür waren Frauen – die im Altertum leider gar keinen Wert als Zeugen hatten.
Wovon mehrfach berichtet wird, sind persönliche Begegnungen mit dem Auferstandenen. Erzählt wird von Menschen, die, obgleich sie Jesus gut gekannt hatten, ihn nicht erkennen. Erst im Nachhinein merken z.B. die Emmaus-Jünger: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete?
Ich glaube, das Neue Testament möchte uns damit sagen, dass die Auferstehung Jesu kein objektives Geschehen war, das man hätte fotografieren können, dass aber die Begegnung mit dem Auferstandenen ein individuelles Erleben war, das dem oder der Einzelnen so evident war wie z.B. die Verliebtheit. (Versuchen Sie mal, einen anderen von der Objektivität Ihrer Liebe zu überzeugen.) Die Evidenz dieser Begegnung hat jedoch das Leben der Betroffenen so dramatisch beeinflusst, dass selbst die Liebe als Vergleich nicht reicht. – Diese Betroffenheit der ersten Zeugen ist allerdings historisch zweifelsfrei zu fassen und hat sich in der Entstehung der ersten Gemeinden auch niedergeschlagen.
Was machen nun wir, die solch eine Erfahrung nicht machen durften? Wenn mir der Auferstandene nicht begegnete, woher habe ich dann Gewissheit? Und inwiefern kann das Ganze mein Leben – und zwar positiv – beeinflussen?
Dass Gott stärker ist als der Tod, dass Jesu Verkündigung von Gottes neuer Welt (Reich Gottes) wahr ist, dass auch ich nicht im Nichts verschwinden werde, das wird mir mit jedem Tag meines Lebens wichtiger. Als Konfirmand war auch mir das noch nicht so(!) wichtig, heute aber schon. Das hilft mir, einiges zu ertragen, was ansonsten unerträglich wäre. Und darüber hinaus: Ostern bestätigt Weihnachten. Mit der Auferweckung setzt Gott ein Ausrufezeichen hinter allem, was Jesus tat und sagte.
Er bestätigt damit, dass uns in Jesus wirklich Gott begegnet. Dass all seine Worte uns leiten können und sollen in unserem Leben. Wenn ich mich an Jesus orientiere, dann bin ich auf der richtigen Seite.
Das zu wissen ist mir schon wichtig.

Ihr Pfr. Gabriel Beyer